Operative Methoden zur Behandlung von Harninkontinenz beim Mann

Die Auswahl des am besten geeigneten Verfahrens erfolgt unter Betrachtung objektiver medizinischer Kriterien, aber vor allem auch in Abstimmung mit dem Betroffenen. Es ist wichtig, die Gesamtsituation sowie die individuellen Wünsche und Bedürfnisse des Patienten bei der Bestimmung einer geeigneten Operationsmethode zu berücksichtigen.

Die folgenden Verfahren haben sich in jahrelanger Praxis bewährt und können in vielen Fällen eine wesentliche Verbesserung der Lebensqualität bewirken:

AMS 800 Schließmuskelprothese (hydraulischer Sphinkter)

Wenn medikamentöse oder minimalinvasive Behandlungen einer Harninkontinenz nicht die gewünschte Wirkung erzielen, kann die Implantation eines künstlichen Harnröhrenschließmuskels als Behandlungsmethode eine sinnvolle Alternative sein. Das am häufigsten verwendete System, das insbesondere bei Inkontinenz beim Mann in Folge einer Prostataentfernung erfolgreich eingesetzt wird, ist die AMS 800 Schließmuskelprothese. Der sogenannte hydraulische Sphinkter besteht aus drei Komponenten (Manschette, Druckballon, Bedienpumpe), die implantiert werden und über ein Silikonschlauchsystem miteinander verbunden sind.

Die Manschette ist mit Flüssigkeit gefüllt und dient dem Verschluss der Harnröhre. Sie hat den Zweck, im Ruhezustand einen ungewollten Harnverlust zu vermeiden. Idealerweise ist dieser Verschluss komplett dicht. Zur Entleerung der Blase betätigt der Patient durch manuellen Druck die Bedienpumpe, die unter der Haut des Hodensacks implantiert ist. Dadurch wird die Manschette leer gepumpt, die Harnwege werden freigegeben und der Urin kann kontrolliert abfließen. Dieser Vorgang wird vom Träger mehrmals am Tag wiederholt.

Während der Entleerung der Blase fängt der Ballon, der direkt neben der Blase oder im Bauchraum platziert ist, die aus der Manschette abgeleitete Flüssigkeit auf und speichert sie kurzzeitig. Durch einen Überdruck im Ballon füllt sich die Manschette automatisch wieder ohne Zutun des Benutzers, sodass die Harnröhre wenige Minuten später wieder vollständig verschlossen ist.

Die manuelle Öffnung der Prothese zum kontrollierten Ablassen des Urins wird vom Träger selbst durch Betätigung der Bedienpumpe vorgenommen. Die Pumpe kann durch die Haut des Hodensacks hindurch getastet und mit etwas Geschick und Übung mühelos betätigt werden. Für die Implantation des AMS-Schließmuskelsystems sind eine ca. 30- bis 60-minütige Operation und ein mehrtägiger stationärer Aufenthalt notwendig.

Einige Wochen nach der Operation – nach erfolgter Wundheilung – wird der künstliche Harnröhrenschließmuskel aktiviert. Die Zufriedenheit mit dem hydraulischen Sphinkter ist allgemein sehr hoch, da der Patient mit etwas Übung die Bedienpumpe im Alltag gut steuern kann („Auf-Zu-Mechanismus“).

Das AMS 800-System wird vorwiegend bei Männern mit Harninkontinenz nach einer radikalen Prostataentfernung eingesetzt und gilt in Folge über viele Jahre hinweg als sehr zuverlässig.

Schlingenverfahren

Bei leichter bis mittelschwerer Harninkontinenz kann das Einsetzen einer Schlinge im Rahmen einer minimalinvasiven urologischen Operation oft den gewünschten Behandlungserfolg herbeiführen. Schlingenverfahren haben den Vorteil, dass nach dem Einsetzen zum Urinieren keine Manipulation durch den Betroffenen notwendig ist. Somit eignen sich Schlingen grundsätzlich für Männer, die das Wasserlassen ohne vorherige Selbstmanipulation bevorzugen bzw. die keine selbstständige Bedienung eines Auslösemechanismus vornehmen können. Die Erfolgsaussicht beim Einsatz von Schlingenverfahren ist auch bei bestrahlten Patienten vielversprechend, der Grad der Inkontinenz stellt meist keine Einschränkung dar.

Zum Einsatz kommen einerseits anpassbare (adjustierbare) Schlingen (z.B. Argus- und Remeex-Schlingen, Atoms-Methode), aber auch nicht-adjustierbare Schlingen (z.B. AdVance-Schlingen). Vorteil der anpassbaren Verfahren ist die Möglichkeit der individuellen Adaption (Adjustierbarkeit) nach dem Einhalten einer 3- bis 4-wöchigen Einheilungsphase. Die Lage der Schlinge kann postoperativ, aber auch noch nach Jahren den Wünschen und Bedürfnissen des Patienten entsprechend angepasst werden. Diese Anpassung – die bei nicht-adjustierbaren Systemen eben nicht gegeben ist – erfolgt dann meist unter örtlicher Betäubung.

ProACT Ballons

Seit etwa 15 Jahren ist für die Behandlung der männlichen Inkontinenz die ProACT-Schließmuskelprothese in Europa im Einsatz. Es handelt sich dabei um ein vollständig implantierbares System, das vorwiegend zur Wiederherstellung der Kontinenz nach einer Prostataoperation eingesetzt wird. Das System besteht aus zwei Silikonballons, die über einen Silikonschlauch mit einem Punktionsventil verbunden sind. Über einen minimalinvasiven Schnitt durch den Damm werden die Ballons oberhalb des Beckenbodens rechts und links der Harnröhre in einer kurzen Operation mit anschließendem stationären Aufenthalt direkt am Blasenhals eingesetzt.

Nach einigen Wochen der Regeneration und erfolgter Wundheilung beginnt der*die Arzt*Ärztin damit, die Ballons schrittweise aufzufüllen. Durch eine gezielte Punktion kann das Volumen der implantierten Ballons jederzeit adjustiert werden. Dieser kurze und weitgehend schmerzfreie Eingriff kann in der Regel ambulant erfolgen. Nach durchschnittlich drei Adjustierungen kommt es im Erfolgsfall zu einer entsprechenden Erhöhung des Widerstands in der Harnröhre, weil die Ballons die Harnröhre einengen und die Kontinenz somit verbessert wird.

Die ProACT-Methode besticht durch einen vergleichsweise eher kurzen, relativ schonenden Eingriff sowie die postoperative Möglichkeit zur Optimierung des Behandlungserfolgs. Die ProACT-Schließmuskelprothese kommt jedoch nicht für Patienten nach einer Bestrahlung oder bei einer Schließmuskellähmung in Frage.

Fachbeirat – Advisory board

Priv.-Doz. Dr. Ricarda Bauer, München
Prim. Univ.-Prof. Dr. Wilhelm A. Hübner, Wien (Koordinator)
Prof. Ervin Kocijancic, MD, Chicago
Prof. Flavio Trigo Rocha, MD, São Paulo

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