Architektin Julia Wildfeuer: Hochkomplexes Bauwerk für die Zukunft
Klinik der Zukunft
DI Julia Wildfeuer arbeitet seit 2010 bei Baumschlager Eberle Architekten und ist seit 2019 Geschäftsführerin am Standort Wien. In ihrer Rolle als Generalplanerin für den Neubau der Privatkliniken Confraternität und Goldenes Kreuz (Baubeginn 2026, Eröffnung 2028) nimmt die Architektin eine Schlüsselrolle in der Entstehung der neuen Klinik ein. Im Interview gibt sie Einblick in ihren Aufgabenbereich und die Abläufe rund um die "Klinik der Zukunft".
Sie haben den Architektur-Realisierungswettbewerb für unseren Klinikneubau 2024 für sich entschieden und den Auftrag erhalten. Wie läuft ein solcher Wettbewerb ab?
Wir erhalten die meisten Aufträge über Teilnahmen an Architekturwettbewerben, da wir uns auf Großprojekte spezialisiert haben und viele Projekte in öffentlicher Hand liegen. Die potenziellen Auftraggeber:innen legen ihre Aufgabenstellungen vor und definieren Vorgaben und Ziele. Dann liegt es an uns, daraus kreative Ideen zu entwickeln und ein Konzept für den Wettbewerb zu präsentieren. Mein Team investiert viel Engagement und Leidenschaft in die Entwicklung der Grundidee für das Bauprojekt, denn diese bleibt das gesamte Projekt über bestehen und ist das "Herzstück" für das neue Gebäude.
Was unterscheidet die Planung einer Klinik von anderen Architekturprojekten?
Bei einem hochkomplexen Projekt wie dem Klinikneubau steht sehr die Funktionalität im Vordergrund, schließlich handelt es sich um ein hochspezialisiertes Gebäude mit komplexen Betriebsabläufen und hoher technischer Anforderung. Gleichzeitig spielen Aspekte wie Langlebigkeit, ökologische und soziale Nachhaltigkeit sowie Akzeptanz bei den Mitarbeitenden und im Bezirk eine wichtige Rolle. Erfreulicherweise wird dem Konzept "Healing Architecture" immer mehr Beachtung geschenkt: eine Architektur, welche die gebaute Umgebung so gestaltet, dass sie Heilungsprozesse, Wohlbefinden und Gesundheit von Menschen aktiv unterstützt und nachweislich den Heilungsprozess beschleunigt und Medikation verringert. Diese evidenzbasierte Architektur berücksichtigt auch gesundheitsfördernde Faktoren wie die optimale Tageslichtnutzung, Begrünung, intuitive Orientierung, Akustik und ein behagliches Raumklima.
Wie kann man sich den Weg vom Wettbewerb bis zur fertigen Klinik vorstellen?
Im Wettbewerb wird die Grundidee geboren. Danach wird im Vorentwurf das Konzept systematisch weiterentwickelt und mittels intensiver Abstimmung mit den Auftraggeber:innen und Nutzer:innen an die spezifischen Anforderungen der Betriebsorganisation sowie an die Bedürfnisse der künftigen Nutzer:innen angepasst. In dieser Phase finden zudem bereits die ersten Behördenabstimmungen statt. Danach folgt die Entwurfsphase: In dieser Planungsetappe entstehen die finalen Grundrisse, und sämtliche technischen und gestalterischen Details werden fixiert. Der kontinuierliche Dialog mit den Nutzer:innen und Behörden ist dabei entscheidend, um eine hochfunktionale Klinik-Immobilie zu schaffen. Nach der Einreichung bei der Behörde folgt die öffentliche Planauflage und schließlich der Genehmigungsbescheid. Während die Pläne bei der Behörde aufliegen, beginnt für uns die Ausschreibungsphase und Ausführungsplanung. In diesen Phasen wird weiter bis zur Baureife detailliert und es werden Firmen für die Bauaufgabe durch Ausschreibungen organisiert. Nach der Auftragsvergabe an die Firmen kann endlich gebaut werden – bis das fertige Gebäude dann 2028 übergeben wird.
Was ist Ihre Rolle im Bauprojekt?
Die Klinik ist ein "Generalplaner-Projekt", das heißt, dass Baumschlager Eberle Architekten neben der Objektplanung auch die Gesamtverantwortung für die Planung und Koordination aller beteiligten Fachplaner obliegt – von Haustechnik über Bauphysik und Statik bis hin zu Brandschutz. An der Planung sind zeitweise bis zu 50 Personen gleichzeitig am Werken, da muss für den Bauherrn sichergestellt werden, dass alle Planungen Hand in Hand gehen und sämtliche Entscheidungsprozesse des Bauherrn Mavie Med einfließen.
Wie sieht Ihre Zusammenarbeit mit dem Projektteam aus?
Es gibt kontinuierliche Abstimmungen innerhalb des Planungsteams, deren Ergebnisse wir wöchentlich in die Planungsbesprechung mit dem Projektteam des Auftraggebers tragen. Das Projekt folgt einem ambitionierten Zeitplan, weshalb der Auftraggeber schnelle Entscheidungen treffen muss. Ich freue mich sehr, dass das mit dem Neubau-Projektteam hervorragend funktioniert – das ermöglicht ein zügiges Voranschreiten der Planungen.
Besonders wichtig sind dabei auch die Abstimmungen mit den künftigen Nutzer:innen der einzelnen Funktionsbereiche. Sie stellen sicher, dass im Neubau optimale Rahmenbedingungen für den Betrieb, für das Personal und die Patient:innen geschaffen werden. Die Erfahrungen der Nutzer:innen sind der Schlüssel, um den Bedarf für die Zukunft richtig zu ermitteln. Schließlich wollen wir nicht die alte Klinik nachbauen, sondern die "Klinik der Zukunft" errichten.
Was lieben Sie an ihrem Beruf und was sind Ihre Lieblingsprojekte?
Meine Lieblingsprojekte sind komplexe Bauten wie Krankenhäuser und Forschungsgebäude, die oft unter großem Zeitdruck umgesetzt werden müssen. Mit meinem engagierten Team erlebe ich das als sehr intensive und sehr produktive Zeit. Wir sind emotional involviert und kein Projekt gleicht dem anderen. Als Architektin arbeite ich nicht in einem klassischen Nine-to-five-Job: Statt alltägliche Routinen abzuarbeiten, erwarten mich jeden Tag neue Herausforderungen – Langeweile kommt nie auf. Es ist also nicht nur ein Beruf, sondern eine Aufgabe, die viel Engagement und Leidenschaft erfordert. Mein Team und ich gestalten Zukunft – mit Bauten, die über Generationen Bestand haben!
Vielen Dank für das Interview!